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Der russische Genetiker Timoféeff-Ressovsky wird 100

Geburtstagssymposium des MDC

Anlässlich des 100. Geburtstags des russischen Genetikers Nikolai Wladimirovich Timoféeff-Ressovsky veranstaltete das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch am 21./22. September ein Symposium über „Genetik in Russland und Deutschland“. Mit dieser Veranstaltung würdigte das MDC Timoféeff-Ressovsky, der von 1930 bis 1945 in Berlin-Buch am damaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung gearbeitet hatte. Im historischen Hörsaal des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts, dem heutigen Oskar-und-Cécile-Vogt-Haus, sprachen Naturwissenschaftler, Mediziner und Historiker, von denen einige Timoféeff-Ressovsky noch persönlich gekannt haben. Bei dem Symposium ging es auch um die Bedeutung Timoféeffs für die heutige Molekularbiologie und Genetik.

Timoféeff-Ressovsky lieferte wesentliche Beiträge zum Verständnis der Natur der Gene und der biologischen Wirkung von Röntgenstrahlung. Zusammen mit Max Delbrück und Karl Günter Zimmer veröffentlichte er 1935 die Arbeit „Über die Natur der Genmutation und der Genstruktur“, die wegweisend für die Entwicklung der Molekularbiologie war.

Timoféeff-Ressovsky wurde am 7. September 1900 in der Provinz Kaluga in Russland geboren. Nach seinem Biologiestudium in Moskau holte ihn 1925 der Hirnforscher Oskar Vogt nach Berlin. Vogt war an der Erforschung genetischer Grundlagen neurologischer Erkrankungen interessiert. In Berlin leitete Timoféeff in Vogts Institut die Abteilung Experimentelle Genetik.

Trotz Aufforderung Moskaus, Nazideutschland 1937 zu
verlassen, blieb Timoféeff in Berlin-Buch. Sein ältester Sohn Dmitrij, der
Mitglied einer Widerstandsgruppe war, wurde 1943 von der Gestapo verhaftet und
im Mai 1945 hingerichtet. Timoféeff wurde 1945 nach dem Einmarsch der Roten
Armee in Berlin vorübergehend Institutsdirektor und für kurze Zeit
Bürgermeister in Berlin-Buch.

Zehn Jahre Arbeitslager in der Sowjetunion

Im September 1945 wurde Timoféeff festgenommen und in die Sowjetunion verschleppt. Wegen vermeintlicher Kollaboration mit den Nationalsozialisten verbrachte er zehn Jahre in Arbeitslagern in Kasachstan und Sibirien. 1955, zwei Jahre nach Stalins Tod, gründete er in Sibirien ein Biophysikalisches Labor der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Es sollte zur wichtigsten Keimzelle der Wiederbelebung der Genetik in der Sowjetunion in den 60er Jahren werden. 1964 erhielt Timoféeff den Auftrag, die Abteilung für Genetik und Radiobiologie des neuen Instituts für Medizinische Radiologie in Obninsk aufzubauen. Bis zu seinem Tod durfte er nicht mehr ins Ausland reisen und auch
nicht in internationalen Journalen veröffentlichen.

Timoféeff starb am 28. März 1981 in Moskau. Über zehn Jahre nach seinem Tod, im Juni 1992, wurde er von der Akademie der Wissenschaften Russlands rehabilitiert. Timoféeffs 100. Geburtstag wurde auch in Russland mit einem Internationalen Kongress in Dubna (6.-9.9.2000) begangen. Auf dem Campus Berlin-Buch erinnert eine Gedenktafel am Torhaus, dem ehemaligen Wohnhaus von Timoféeff-Ressovsky, an ihn.

 

Barbara Bachtler
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