Max Delbrück

Unsere Geschichte

30 Jahre Max Delbrück Center, 100 Jahre Campus Buch

Berlin-Buch hat als medizinischer Forschungsstandort Tradition: Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entstand hier ein bedeutendes Klinikzentrum mit mehreren Kliniken, das zeitweise über 5000 Betten umfasste.

Seit 30 Jahren erforschen Wissenschaftler*innen am Max Delbrück Center die übergreifenden Mechanismen von Gesundheit und Krankheit. Ganz ohne Silodenken, sagen Thomas Sommer und Young-Ae Lee. Wir haben mit ihnen über unsere Geschichte gesprochen – und darüber, wie sich die Ansätze der Biomedizin verändert haben.

Wie alles anfing

Zwischen 1928 und 1930 errichtete die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft auf dem heutigen Campus in Berlin-Buch ein Institut für Hirnforschung, zu jener Zeit das größte und modernste seiner Art weltweit. Die Leitung des Instituts und der dazugehörigen Klinik übernahm Oskar Vogt, der gemeinsam mit seiner Frau Cécile zu den Begründern der modernen Hirnforschung gehörte. Vogt gelang es, den russischen Genetiker Nikolai Wladimirovich Timoféeff-Ressovsky für den Aufbau einer Abteilung für Experimentelle Genetik am Hirnforschungsinstitut zu gewinnen. Während der Nazizeit wurden im Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung Gehirne von Menschen, die im Rahmen des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms umgebracht worden waren, für Forschungszwecke benutzt. Ein Mahnmal auf dem Campus erinnert daran.

Wenn man forscht, verändert man die Welt vielleicht viel mehr als Cäsar oder eine andere große militärische oder politische Person. Und man kann sehr ruhig in einer Ecke sitzen, während man das tut.
Max Delbrück
Max Delbrück, 1978 Interview mit Carolyn Harding, 1978. Oral History Project, California Institute of Technology Archives.

1947 gründete die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin im ehemaligen Institut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft das Institut für Medizin und Biologie. Es entwickelte sich zu einem international bekannten Zentrum für Krebs- und Herz-Kreislauf-Forschung, in dem Grundlagenforschung und klinische Forschung eng miteinander verknüpft waren. 1972 wurden die Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR, die nach 1947 aus dem Institut für Medizin und Biologie hervorgegangen waren, zu drei Zentralinstituten zusammengefasst: den Zentralinstituten für Krebsforschung, Herz-Kreislauf-Forschung und Molekularbiologie. Nach der Vereinigung beider deutscher Staaten ging aus diesen drei Instituten 1992 das Max Delbrück Center hervor. Die beiden zu den Zentralinstituten gehörenden Forschungskliniken wurden der Charité der Humboldt-Universität zu Berlin angegliedert.

100 Jahre Campus Berlin-Buch

Berlin-Buch hat als medizinischer Forschungsstandort Tradition: Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entstand hier ein bedeutendes Klinikzentrum mit mehreren Kliniken, das zeitweise über 5000 Betten umfasste.

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Biographien

Das Max Delbrück Center ist nach dem deutsch-amerikanischen Nobelpreisträger Max Delbrück benannt. Gemeinsam mit Timoféeff-Ressovsky, der von 1930 bis 1945 in Buch arbeitete, legte Delbrück die Grundlagen für die molekulare Genetik. Richtungsweisend war ihre gemeinsam mit Karl Günter Zimmer 1935 veröffentlichte Schrift "Über die Natur der Genmutation und der Genstruktur". Ebenfalls in Berlin-Buch gearbeitet haben der Strahlenforscher Walter Friedrich, der Entdecker des Zell-Energieträgers ATP Karl Lohmann, die Krebsforscher Arnold Graffi und Hans Gummel, der Biochemiker Erwin Negelein sowie der Herzforscher Albert Wollenberger.

Max Delbrück

4.9.1906 Berlin - 10.3.1981 Pasadena/USA

In Berlin geborener Physiker; veröffentlichte zusammen mit Nikolai Wladimirovich Timoféeff-Ressovsky und Karl Günter Zimmer 1935 die wegweisende Schrift "Über die Natur der Genmutation und der Genstruktur". 1969 Nobelpreis für Physiologie und Medizin zusammen mit Alfred Hershey und Salvadore Luria für Entdeckungen auf dem Gebiet der Replikationsmechanismen und der genetischen Struktur von Viren. Delbrück gilt aufgrund seiner grundlegenden Arbeit über genetische Mechanismen und Bakteriophagen als einer der Väter der modernen Genetik.

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Walter Friedrich

25.12.1883 Magdeburg - 6.10.1968 Berlin

Biophysiker; gründete 1922 einen Lehrstuhl für Medizinische Physik an der Berliner Universität. Leiter des 1947 gegründeten Instituts für Medizin und Biologie der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch. Erbrachte zusammen mit Max v. Laue und Paul Knipping den Beweis für die elektromagnetische Natur von Röntgenstrahlen und schuf durch seine Arbeiten Grundlagen der Radiumtherapie.

Arnold Graffi

* 19.6.1910 Bistritz/Rumänien - 30.1.2006 Berlin

Krebsforscher; von 1948 bis 1975 Abteilungsleiter am Institut für Medizin und Biologie in Berlin-Buch; später Direktor des dortigen Instituts für Experimentelle Krebsforschung. Graffi war intensiv an der Forschung der krebserzeugenden Wirkung von Chemikalien sowie an der Auslösung von Krebs durch Viren beteiligt. Eines der Krebs erregenden Viren, die er entdeckte, wird in der wissenschaftlichen Literatur als Graffi-Virus bezeichnet. Als einer der ersten Molekularbiologen formulierte er 1960 das Konzept der Behandlung mit "Nucleic Acid Antimatrices", das Vorläufer eines der aktuellen Ansätze in der Gentherapie war. 1995 wurde ihm der höchste Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Hans Gummel

3.8.1908 Berlin - 27.5.1973 Berlin

Ab 1949 Krebschirurg an der Geschwulstklinik der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch, der späteren Robert-Rössle-Klinik; von 1954 bis 1973 Ärztlicher Direktor der Klinik. Machte sich vor allem um den Ausbau der Rössle-Klinik, die Weiterentwicklung krebschirurgischer Verfahren, klinische und organisatorische Maßnahmen zur Krebsfrüherkennung sowie durch die Förderung kombinierter Behandlungsmethoden von Tumoren verdient.

Karl Lohmann

10.4.1898 Bielefeld - 22.4.1978 Berlin-Buch

Biochemiker; von 1937-1952 Lehrstuhlinhaber für Physiologische Chemie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Entdecker des wichtigsten chemischen Energiespeichers aller Lebewesen, des ATP (AdenosinTriPhosphat). Leitete von 1947 bis 1961 die Abteilung für Biochemie am Institut für Medizin und Biologie und danach, bis zu seiner Emeritierung 1964, das Institut für Biochemie der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Buch.

Erwin Negelein

15.5.1897 Berlin - 7.2.1979 Berlin

Biochemiker; von 1945 bis 1961 stellvertretender Leiter der Abteilung Biochemie im Institut für Medizin und Biologie in Berlin-Buch. Von 1961 bis 1964 Direktor des Bucher Akademieinstituts für Zellphysiologie. Durch zahlreiche Arbeiten auf dem Gebiet der Biochemie bekannt. Mit der Entdeckung des nach ihm benannten "Negelein-Esters", eines Zwischenprodukts des Kohlenhydratabbaus in der Zelle, klärte er eine wichtige Reaktion der Energiegewinnung in Zellen auf. Trug auch zu wichtigen Erkenntnissen über den Stoffwechsel von Geschwülsten sowie zur Entwicklung biochemischer Analyseverfahren bei.

Nikolai Wladimirovich Timoféeff-Ressovsky

7.9.1900 Provinz Kaluga - 28.3.1981 Obninsk/Russland

Russischer Genetiker; leitete von 1930 bis 1945 die Abteilung für Experimentelle Genetik am Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung in Berlin-Buch; wurde weltweit bekannt durch Arbeiten über die Erzeugung von Mutationen bei der Taufliege Drosophila melanogaster, vor allem durch Röntgenstrahlen. Wegweisend war seine gemeinsam mit Max Delbrück und Karl Günter Zimmer verfasste Arbeit "Über die Natur der Genmutation und der Genstruktur". Nach dem Einmarsch der Roten Armee in Berlin 1945 der Kollaboration mit den Nazis verdächtigt, wurde er zehn Jahre in sowjetischen Arbeitslagern inhaftiert. Starb 1981 in Moskau; wurde 1992 offiziell von der Akademie der Wissenschaften Russlands rehabilitiert.

Cécile Vogt-Mugnier

27.3.1875 Annécy - 4.5.1962 Cambridge/Großbritannien

Französische Wissenschaftlerin und eine der bedeutendsten Hirnforscherinnen ihrer Zeit. Gilt als Wegbereiterin für die Anerkennung von Frauen in der Wissenschaft. Arbeitete von 1931 bis 1937 am Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung in Berlin-Buch. Gemeinsam mit ihrem Mann Oskar Vogt leistete sie bahnbrechende Arbeiten zur Aufklärung des Gehirnaufbaus und erforschte ferner Erkrankungen des Nervensystems. Begleitete 1937 ihren Mann nach Süddeutschland und baute dort mit ihm das "Institut für Hirnforschung und Allgemeine Biologie" in Neustadt (Schwarzwald) auf. Siedelte nach dem Tod ihres Mannes nach Cambridge/Großbritannien über.

 Marguerite Vogt

19.02.1913 Berlin - 06.07.2007 San Diego/USA

Die gebürtige Berlinerin Marguerite Vogt war als Krebsforscherin und Virologin eine der herausragenden Wissenschaftlerinnen des 20. Jahrhunderts. Die jüngste Tochter von Oskar Vogt und Cécile Vogt-Mugnier studierte Medizin an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und war Doktorandin von Nikolaj V. Timoféeff-Ressovsky in Berlin-Buch.

Marthe Louise Vogt

8.9. 1903 Berlin - 9.9. 2003 San Diego, Kalifornien

Marthe Vogt, die Tochter von Cécile Vogt und Oskar Vogt, war eine Pharmakologin. Sie promovierte in Medizin und Chemie in Berlin und war später Leiterin der Abteilung Neurochemie am Kaiser Wilhelm-Institut für Hirnforschung in Berlin-Buch.

1935 emigrierte sie nach England. Dort arbeitete sie bei dem Nobelpreisträger Henry Dale am National Institute for Medical Research in Hamstaed, danach in Cambridge, London und Edinburgh, zuletzt als Abteilungsleiterin des Agricultural Research Council Institute of Animal Physiology in Babraham bei Cambridge.

Marthe Vogt wies nach, dass Acetylcholin ein Neurotransmitter der Motoneurone zum Skelettmuskel ist. Mit den Katecholaminen Noradrenalin und Adrenalin identifizierte sie die ersten Transmittersubstanzen des Gehirns. Ohne Marthe Vogts Entdeckungen wären zum Beispiel die Wirkungen der Muskelrelaxantien und der Psychopharmaka nicht zu erklären. Ab 1952 war sie Mitglied der Royal Society, die sie 1981 mit der Royal Medal auszeichnete.

Oskar Vogt

6.4.1870 Husum - 31.7.1959 Freiburg im Breisgau

Begründer der modernen funktionsbezogenen Hirnforschung aufgrund seiner entscheidenden Untersuchungen zu Aufbau und Struktur der Großhirnrinde. Bekannt für seine in Moskau durchgeführte Untersuchung an Lenins Gehirn. Vogt war von 1930 bis 1937 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Hirnforschung in Berlin-Buch. Von den Nazis entlassen, ging er nach Süddeutschland und leitete bis zu seinem Tode das "Institut für Hirnforschung und Allgemeine Biologie" in Neustadt im Schwarzwald.

Albert Wollenberger

21.5.1912 Freiburg im Breisgau - 25.9.2000 Berlin

Kardiologe; Ab 1956 arbeitete er am Institut für Medizin und Biologie in Berlin-Buch, wo er von 1965 bis 1972 das Institut für Kreislaufforschung leitete. Nach seiner Pensionierung als Institutsleiter im Jahr 1977 leitete er ein Forschungsteam am neu gegründeten Zentralinstitut für Herz- und Kreislaufforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR. Unter seinen vielen Erfolgen ist er vor allem für die Entwicklung einer Technik zur ultraschnellen Einfrierung (Kryofixation) von angeregten Geweben, wie Herzgewebe, bekannt, die heute weltweit als "Wollenberger-Clamp" verwendet wird. Seine Arbeit in Berlin-Buch ermöglichte es ihm, eine Reihe wichtiger Beiträge zum Energiestoffwechsel und zur neurohumoralen Regulation der Kontraktion und Entspannung des Herzens bei Gesundheit und Krankheit zu leisten.

Feature über Albert Wollenberger und die Familie bei Deutschlandfunk

 

Karl Günther Zimmer

12.07.1911 Wroclaw/Poland  - 29.02.1988 Karlsruhe

Die Ergebnisse seiner vielseitigen wissenschaftlichen Arbeiten – Leitthema seiner Untersuchungen war die quantitative Strahlenbiologie – sind heute Bestandteil unseres Wissens über die biologische Wirkung energiereicher Strahlen.

 

Broschüre zu 25 Jahren MDC

Sprachen: Deutsch und Englisch

Stand: Mai 2018

Weitere Informationen auf www.berlin-buch.com