Darth Vaders Maske und andere Erfahrungen im Grenzbereich von Physik, Medizin und Biologie

Die Magnetresonanztomographie (MRT) am MDC Berlin.

Angenommen, Sie haben einen Nachmittag Zeit, um verschiedene Themen wie Interdisziplinarität, neue Technologien und translationale Forschung mit Physikern, Biologen, Ärzten, Patienten, Computerprogrammierern und möglicherweise auch mit einem Kranführer zu diskutieren. Und wenn Sie schon da sind, warum dann nicht auch mal schauen, was ein 32-Tonnen-Magnet so drauf hat?

Dann gönnen Sie sich doch einfach den Spaß und besuchen Sie Thoralf Niendorf und sein Team in der MRT-Abteilung. Wenn Sie nicht wissen, wo das ist, gehen Sie einfach mit einem Kompass oder losem Münzgeld in der Tasche auf den Campus und schauen Sie, wohin es Sie zieht. Die MRT-Anlagen befinden sich in einem hübschen weißen Quader gegenüber dem ERC, dort wo der Bus auf den Campus einfährt. Hier treffen Sie nicht nur auf beeindruckende Geräte, etwa auf eine der leistungsfähigsten MRT-Anlagen Deutschlands, sondern auch auf ein kreatives Team, dem es gelungen ist, aus einem eher stumpfen Werkzeug ein ausgefeiltes Instrument für die biomedizinische Forschung zu machen.

Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat sich zu einer der wichtigsten Technologien der medizinischen Diagnostik entwickelt. Die MRT-Anlage auf dem MDC Campus entspringt der Weitsicht der früheren wissenschaftlichen Direktoren Walter Birchmeier und Walter Rosenthal. Nun gilt es, die Bildgebung in den molekularbiologischen Wissenschaften – zum Beispiel zum Ersatz invasiver Untersuchungsmethoden – in der Breite richtig einzusetzen und zu kultivieren. Noch ist der Mehrwert dieser Art der Bildgebung nicht ausgeschöpft.

Für ein bildgebendes diagnostisches Verfahren ist das nicht ungewöhnlich – erinnern Sie sich noch an den mal mehr mal weniger guten Ruf der Lichtmikroskopie vor der großen Revolution im Bereich der fluoreszierenden Proteine? Ebenso könnten MRT-Innovationen bald zu neuen Einsatzbereichen in der biomedizinischen Forschung und im klinischen Alltag führen.

Für viele besteht die wesentliche Barriere in der räumlich-zeitlichen Auflösung. Die „klassische“ MRT ermöglicht eine In-vivo-Ansicht von Gewebe tief im Inneren des Gehirns und anderer innerer Organe, hat jedoch noch keine Auflösung erreicht, mit der eine bildliche Darstellung von Zellen oder auch Molekülen möglich ist. Doch dank eines Ultrahochfeld-MRT-Geräts (UHF-MRT), das stärkere Magnetfelder erzeugt und höhere Radiofrequenzen generiert, sorgt das Team um Thoralf für schärfere Bilder. Dies geschieht mit Hilfe speziell angefertigter Antennenanordnungen, die präzise fokussiert und so eingestellt werden können, dass sich sowohl Natriumionen als auch Wasserstoff visualisieren lassen.

Thoralf und sein Team genießen internationale Anerkennung für verschiedene Innovationen im Bereich der UHF-MRT, von denen einige bereits als klinische Hilfsmittel für die medizinische Diagnostik eingeführt wurden. Die Gruppe ist an verschiedenen interessanten multidisziplinären Projekten beteiligt, die es möglich machen werden, in lebendem Gewebe neue Arten von Informationen – auf einer höheren Detailebene – zu erfassen. Ihre Arbeit ist die Basis für neue Einsatzbereiche der Technik in der Forschung, Phänotypisierung, Diagnostik und bei potenziellen neuen Behandlungsarten. Das MRT-Gebäude wird vermutlich immer am Rand des Campus Berlin-Buch bleiben, für die Arbeit des Teams gilt dies jedoch nicht – wenn es der Gruppe und ihren Kolleginnen und Kollegen am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) gelingt, interdisziplinäre Lücken zu schließen.

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An einem sonnigen Dienstagnachmittag hat Thoralf mich zum Armdrücken mit der 7-Tesla-MRT-Anlage eingeladen, deren 32-Tonnen-Magnet ein Magnetfeld erzeugt, das Kreditkarten löscht, Uhren zum Stehen bringt und wirklich alle Metallteile anzieht, die man in den Hosentaschen vergessen hat. Ich stelle mir vor, wie alle Schlüssel, die Menschen auf dem Campus verlieren, langsam in die Richtung des Gebäudes kriechen.

„Was ist mit meinen Zahnfüllungen?“, frage ich. Doch die sollten seiner Meinung nach kein Problem sein.

Er schaltet die Anlage ein. Laute, regelmäßige Klopfgeräusche ertönen, die jedem bekannt sein dürften, der jemals in der Röhre eines MRT-Scanners gelegen hat. Jetzt folgt eine Reihe physikalischer Experimente mit einem Reifen, einer Stange und einer Platte in der Größe eines großen Buchs – alle aus Metall. Thoralf platziert die Platte vor dem Gerät, wo sie frei schwebt und nur langsam in eine Richtung kippt. Er fordert mich auf, die Platte in die andere Richtung zu kippen. Ich lege meine Hand auf die Platte und drücke so fest ich kann. Doch es gelingt mir nur, sie ein kleines Stück zu bewegen. Aus diesen Wettkämpfen der natürlichen Gewalt gehen immer die physikalischen Gesetze als Gewinner hervor. Die 7-Tesla-Anlage verteidigt auch gegen mich ihren Titel als Armdrück-Champion des Campus.

Mir kommt der Gedanke, dass MRT eine Erklärung dafür sein könnte, warum Thors Hammer sich nicht anheben und Arthurs Schwert sich nicht aus dem Stein ziehen lassen.

Nach diesem vergnüglichen Teil des Besuchs kramt Thoralf in einem Behälter neben der Anlage herum und zieht ein merkwürdiges Etwas heraus. Es ist weiß, hat die Form eines Kopfes und ist mit antennenähnlichen Fortsätzen ausgestattet. „Wir nennen es Darth Vaders Maske“, erklärt er. „Wir haben sie als Lösung einer klinischen Fragestellung entwickelt, die von einem Augenarzt der Universität Rostock und einem Radiologen der Universität Greifswald aufgeworfen wurde.“

 

Die Darth-Vader-Maske mit ihren Antennen, die vor den Augen platziert werden. Foto: Thoralf Niendorf/MDC

Die Frage drehte sich unter anderem um die Erfassung detaillierter Bilder des Auges. Zu diesem Zweck mussten zwei Probleme gelöst werden. Das erste war, wieder einmal, die Auflösung: Bei den Radiofrequenzen, die in klassischen MRT-Anlagen generiert werden, handelt es sich um lange Wellen, die zu großen „Pixeln“ in den Bildern führen. Die Scharfstellung des Fokus erfordert höhere Frequenzen mit kürzeren Wellenlängen, die mit Hilfe von mehreren Sendern fokussiert werden müssen. Die Lösung für das Problem waren die sechs Funkantennen, die während des Scans vor den Augen angebracht werden.

Bei dem zweiten Problem ging es darum, was die Ärzte zu sehen hofften. Kleine okulare Massen innerhalb der Augenflüssigkeit deuten in der Regel auf das Vorliegen eines kleinen Tumors oder anderer Unregelmäßigkeiten hin. Diese Tumore sind winzig und bei Verwendung herkömmlicher MRT-Techniken praktisch nicht von der gesunden Materie des Auges zu unterscheiden, weil die MRT-Anlagen die in dem Gewebe enthaltene Flüssigkeit darstellen und die Tumore sich bisher davon nicht abgrenzen lassen.

Thoralf und Katharina Paul, eine Doktorandin aus seinem Team, haben dafür eine Lösung gefunden, bei der sie sich auf die biophysikalischen Eigenschaften von Flüssigkeiten konzentrierten: die Brownsche Molekularbewegung. Im atomaren Maßstab betrachtet, ist Materie immer in Bewegung. Die Atome und Moleküle in Flüssigkeiten bewegen sich infolge der auf sie einwirkenden Zufallskräfte ständig wie in einem frenetischen Tanz. Wenn sie sich miteinander in festen Strukturen verbinden, sind die Bewegungen stärker eingeschränkt. Die Gruppe fand einen Weg, um diese Unterschiede in Bildern der UHF-MRT-Anlage mit entsprechender Auflösung darzustellen und die Anlage so zum ersten Sensor für winzige Augentumore zu machen.

 

Die Abbildung links zeigt, wie eine herkömmliche MRT-Aufnahme des Auges aussieht. Rechts: Bezieht man die Brown'sche Bewegung der Moleküle mit ein, wird eine kleine okulare Masse in der Augenflüssigkeit sichtbar, die auf einen Tumor hindeutet (blau dargestellt). Foto: T. Niendorf/MDC

Innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss des Projekts erhielt Thoralf einen Anruf von der Charité – von Ärzten, die diese Technologie bei der Planung der Behandlung von Patienten mit Hilfe einer Protonenstrahltherapie am Helmholtz-Zentrum in Berlin einsetzen wollten. Thoralf ergriff diese Chance ohne zu zögern.

„Durch das Netzwerk und die sich daraus ergebende, auf Fairness basierende Zusammenarbeit sind wir stark und schaffen einmalige Möglichkeiten, durch die wir unsere Technologien in klinischen Anwendungen umsetzen können“, erklärt Thoralf.

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Bei der Integration in den Campus wird das Team mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert. „Eine MRT-Anlage ist kein Mikroskop“, so Thoralf. „Man kommt nicht einfach mit einer Probe – in diesem Fall einem lebenden Wesen –, packt es in die Maschine und heraus kommen die Bilder, die man wollte.“

Stattdessen müssten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, so Thoralf, die Technologie aus demselben Blickwinkel betrachten, aus dem sie auch die Anlagen für das Screening niedermolekularer Substanzen betrachten, bei denen häufig Wochen oder Monate an einem korrekten Assay gearbeitet wird, bevor ein genomweiter Screen durchgeführt werden kann. Zu den Herausforderungen, die es bei der Arbeit mit der MRT-Anlage zu bewältigen gibt, zählt auch die Physiologie des zu untersuchenden Gewebes: dessen Größe und Lokalisation im Körper und die Art der biologischen Prozesse, die die Wissenschaftler beobachten wollen.

Mitarbeiter der Charité, die auf entsprechende Untersuchungen der Niere hofften, wollten zum Beispiel den Blutfluss und die Sauerstoffzufuhr im Gewebe beobachten. Thoralf und Andreas Pohlmann aus seinem Team fanden eine Lösung, mit der Wissenschaftler zwischen verschiedenen Arten von Fett unterscheiden können, die auf unterschiedliche Erkrankungen hindeuten. Ihren Höhepunkt fand diese Arbeit in dem Beitrag des Teams bei der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Forschungsgruppe zur Hämodynamik bei akuter Niereninsuffizienz, die jetzt durch eine Berliner Initiative in einen Sonderforschungsbereich (SFB) münden soll. Insgesamt, so Thoralf, biete die 7-Tesla-MRT eine hervorragende Methode für die Untersuchung des Kreislaufsystems und erlaube eine detaillierte Darstellung des Wachstums und der Struktur der Blutgefäße während der Entwicklung von gesundem und tumorösem Gewebe.

 

Die Bilder zeigen von links nach rechts: eine frisch entnommene Niere einer Maus, ein Bild, das den Blutfluss in der Niere im lebenden Tier darstellt, eine Niere mit Sauerstoffunterversorgung nach einem Eingriff im lebenden Tier, eine Niere mit Sauerstoffüberversorgung nach einem Eingriff im lebenden Tier. Abb.: T. Niendorf/MDC

Eines der wesentlichen Ziele ist die Erfassung von nahezu mikroskopischen Bildern des schlagenden Herzens, die ein Studium der Herzfunktion im lebenden Organismus während des Verlaufs verschiedener kardiovaskulärer Erkrankungen ermöglichen sollen. Dazu war zum Beispiel die Entwicklung maßgeschneiderter MRT-Antennen erforderlich – aber ebenso musste es auch gelingen, dass anstelle von Wasserstoff Natriumionen verfolgt werden können.

„Veränderungen der Natriumkonzentrationen sind mit Störungen der zellulären Homöostase und einem Verlust der Lebensfähigkeit von Gewebe verbunden“, sagt Thoralf. „Leider ist Natriumkonzentration im Gewebe ca. 2.000 Mal geringer als die Wasserstoffkonzentration. Dies führt zu Problemen, so als würde man versuchen, ein Signal bei Hintergrundrauschen zu erfassen.“

Traditionell wird die Natriumkonzentration mit Hilfe kleiner, lokaler Radiofrequenzantennen (RF-Antennen) beobachtet, die nur ein kleines Sichtfenster und deshalb Organe nicht komplett im Blickfeld haben. Für die klinische Anwendung wird jedoch nicht eine MR-Antenne im Stile eine Lupe, sondern ein Antenennarray im Sinne eines großen Parabolspiegels benötigt, um zum Beispiel das Herz oder den gesamten Körper scannen zu können. Die Lösung fand man schließlich in einer Zusammenarbeit mit Armin Nagel vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg und Friedrich Wetterling vom Trinity College in Dublin im Rahmen des Projekts ICEMED (imaging and curing environmental and metabolic diseases), einer Helmholtz-Allianz. Zusammen bauten sie ein neues System mit RF-Detektorspulen und einem Resonatorsystem, das Natriumionen in höchst einheitlicher Weise im gesamten Oberkörper anregen kann.

Im Rahmen der Zusammenarbeit wurden erste Bilder des gesamten schlagenden Herzens erstellt, auf dem gesundes und erkranktes Gewebe eindeutig zu erkennen waren – bei einer zeitlichen Auflösung von 30 Mikrosekunden. Bei einer Weiterentwicklung bis hin zur klinischen Anwendung stünde somit ein wertvolles neuartiges diagnostisches Werkzeug für die Diagnose von Herzerkrankungen zur Verfügung. Dafür ist noch mehr Arbeit erforderlich. Arbeit, die Friedrich in Thoralfs Team durchführen möchte. In der Hoffnung auf eine Finanzierung des Projekts hat er kürzlich einen Antrag auf Fördermittel durch das Marie-Curie-Programm der EU gestellt.

Diese Bemühungen haben die räumliche Auflösung für die Visualisierung des Torsos und der Organe, wie zum Beispiel der Lunge und des Herzens, um den Faktor zehn verbessert. Dieselbe Basismethode kann auch für die visuelle Darstellung von Mikro-Schlaganfällen, das heißt sehr lokalen Blutungen im Gehirn, verwendet werden.

Ein Projekt, über das Kritiker in der festen Überzeugung, die physikalischen Probleme wären unlösbar, zu Anfang gelacht haben, hat das Team zur führenden Gruppe beim Einsatz von 7-Tesla-Anlagen für bildgebende Herzdiagnostik gemacht – dank der Zusammenarbeit mit Jeanette Schulz-Menger und anderen Kardiologen des ECRC.

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Die Liste der von dem Labor initiierten Innovationen lässt sich beliebig fortsetzen. Eines von Thoralfs ersten Projekten, noch in der Zeit vor seiner Tätigkeit beim MDC, war der Einsatz von MRT zur Diagnose von multipler Sklerose.

„Es gab keine endgültige Methode, um MS von den zahlreichen anderen neurologischen Erkrankungen zu unterscheiden“, sagt Thoralf. „Aber es war ein Zusammenhang zwischen der Dichte der Blutgefäße und dem Schweregrad von MS festgestellt worden. Es gab also etwas, das wir mittels MRT bildlich darstellen konnten, und die MRT bot eine eindeutige Ansicht der Läsionen, die mit dem Fortschreiten der Erkrankung in Verbindung standen. So hatten wir dank der klinischen Zusammenarbeit mit Friedemann Paul und seinem Team vom Exzellenzcluster NeuroCure damit die erste Methode, um endgültige Diagnosen bei dieser degenerativen Erkrankung stellen zu können.“

Ein weiteres Projekt ist die Untersuchung von Fluor. Diese Untersuchung ist interessant, weil der Körper kein Fluor produziert; das gesamte Fluor wird aus der Umwelt aufgenommen. Die Beobachtung des Prozesses der Aufnahme kann Einblicke in eine Reihe von metabolischen und anderen Prozessen geben. MRT-Untersuchungen von fluorierten Zellen bieten eine einzigartige Möglichkeit, um neuroimmunologische Erkrankungen zu beleuchten, was durch Sonia Waiczies, die als leitende Wissenschaftlerin in Thoralfs Gruppe arbeitet, demonstriert worden ist. Auch hier liegt der Nachweis der Substanz im äußersten Randbereich der Kapazität der Kernspintomographie. Thoralf und Sonia fanden eine Lösung, indem sie neue heliumgefüllte Kryospulen entwarfen – und einen Hersteller davon überzeugten, diese für den klinischen Einsatz zu entwickeln.

Die Doktoranden der Gruppe arbeiten an verschiedenen interessanten Projekten. Henning Reimann hat kürzlich einen Einsatz für die MRT entwickelt, durch die bei Mäusen während MRT-Versuchen die normale Körpertemperatur aufrechterhalten wird. Dies ist laut Reimann vor allem bei Studien zum Schmerzverhalten von Tieren wichtig, bei denen Wärme als Stimulus verwendet wird.

„Mäuse sind während der MRT anästhesiert, wodurch sich ihre Basiskörpertemperatur verändert“, so Henning. „Ihre Körper passen sich an die Umgebung an. Dies kann zu einem Problem werden, wenn man mit Wärme arbeitet, um Reaktionen auszulösen – die Hintergrundtemperatur eines Gewebes kann die Art und Weise, wie es auf einen Stimulus reagiert, beeinflussen.“

Der neue Einsatz ermöglicht die Messung – und die präzise Aufrechterhaltung – der Temperatur im gesamten Tierkörper, wenn Studien dieser Art durchgeführt werden. Zumindest ist es eine wichtige Kontrolle bei Versuchen, in denen die Reaktionen von Tieren auf Schmerzen untersucht werden.

Und ein neues Projekt von Lukas Winter, für das ebenfalls ein Förderantrag gestellt wurde, hat das Ziel, MRT zu einer Methode zu machen, durch die gezielt und kontrolliert Gewebe in vivo erwärmt werden kann. Diese Methode würde die Tür öffnen für vollkommen neue Arten von Studien zur Wärmeregulierung, durch die mit Hilfe von Wärme Gewebe und pathologische Prozesse phänotypisiert und die Auswirkungen der Temperatur auf den Stoffwechsel und andere Prozesse untersucht werden könnten. Diese Methode könnte auch Möglichkeiten für eine neue Therapieform bieten, die darauf basiert, dass erkranktes Gewebe erwärmt und nicht mit radioaktiven Ionen bombardiert wird. In Zusammenarbeit mit Peter Wust von der Abteilung für Radioonkologie der Charité führen Thoralf und Lukas diese Methode vom Erkunden der sich dahinter verbergenden Geheimnisse der Physik bis in die klinische Anwendung.

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„Es ist kein Geheimnis, dass die Zukunft der MRT nicht mit 7,0 Tesla endet“, erklärt Thoralf. „Der Zug fährt in eine Richtung, die sogar noch größere Magneten und noch kompliziertere Anordnungen der Antennen-Arrays umfasst.

In seinen kühnsten Träumen macht Thoralf sich bereits dafür stark, den weltweit ersten 20-Tesla-MRT-Scanner für die humane Bilddiagnostik auf den MDC-Campus zu bekommen. Auch wenn das derzeit eher eine Vision ist, so hätten Wissenschaftler damit die Möglichkeit, mit einer räumlichen Auflösung im Submillimeterbereich und fünf bis zehn Minuten Scanzeit Natrium mit der MRT zu erfassen und einzelne Zellen in vivo zu untersuchen.

In Anbetracht dieses Ziels haben die jüngsten wegweisenden Simulationen von Thoralf und Lukas Winter das Potenzial der MRT für die humane In-vivo-Diagnostik mit 14 Tesla (600 MHz) und 23,5 Tesla (1 GHz) demonstriert. Sie lieferten auch die weltweit ersten Untersuchungsaufzeichnungen dieser Art. Dank dieses exklusiven Know-hows wurde Thoralf eingeladen, an einem strategischen Workshop seiner amerikanischen Kollegen mit dem Titel „Ultrahigh Field NMR and MRI: Science at the Crossroads“ (Ultrahochfeld-NMR und –MRT: Wissenschaft am Scheideweg) teilzunehmen, der im November an den National Institutes of Health, Bethesda, abgehalten wird. Der Workshop verfolgt das Ziel, als Gemeinschaft einen strategischen Plan für die Entwicklung von Ultrahochfeld-Technologien zu etablieren und Förderorganisationen für diese Technologien zu sensibilisieren und so entsprechende Instrumente für die herausragenden Zentren in den USA zu beschaffen und einer breiten Wissenschaftsgemeinschaft zur Verfügung zu stellen.

„Wir brauchen denselben Enthusiasmus und dieselbe Dynamik in der deutschen Community für bildgebende Diagnostik“, sagt Thoralf. „Ich bin von der Unausweichlichkeit und Leistungsstärke höherer Magnetfeldstärken überzeugt. Darum habe ich ein jährliches Symposium zum Thema Ultrahochfeld-Magnetresonanz: Klinischer Bedarf, Forschungsversprechen und technische Lösungen ins Leben gerufen, das allen Interessierten offensteht.“

Ich verlasse die Einrichtung mit dem Eindruck, dass es sich um eine extrem kreative, innovative Gruppe auf dem Campus handelt, die darum bemüht ist, eine Technologie für die bildgebende Diagnostik über ihre derzeitigen Grenzen hinauszubringen und sie für neue wissenschaftliche Fragen nutzbar zu machen. Die Projekte sind komplex und in einigen Fällen kostenintensiv. Aber Thoralf und seine Kollegen und Kolleginnen sind dabei, die MRT zu einem sehr nützlichen Instrument für die Molekularbiologiezu machen. All das ist nur möglich, weil die Gruppe bereit ist, Zeit und Energie in die Erforschung dieser höheren Dimensionen von Gesundheit und Krankheit zu investieren.

 


Featured Image: "Thor(alf)s Hammer: Thoralf Niendorf bereitet sich auf ein Armdrücken mit dem 7-Tesla-MRT-Gerät vor. Warnung: Versuchen Sie das nicht mit Ihrem eigenen MRT-Gerät, denn das birgt hohe Sicherheitsrisiken. In diesem Fall war der Magnet während der Installation des Geräts ausgeschaltet. Nach der Installation ist der Magnet IMMER an.  Foto: Sabrina Klix, MDC