Porträt

Neuronen schützen und reparieren

Sie will die Mechanismen entzündlicher Nervenerkrankungen verstehen, neue Therapieansätze entwickeln und in klinischen Studien testen. Mit diesem Ziel baut Frederike Cosima Oertel am ECRC die Arbeitsgruppe „Translationale Neuroimmunologie“ auf.

Ein Fixpunkt im Leben von Juniorprofessorin Frederike Cosima Oertel ist die Charité – Universitätsmedizin Berlin. Dort kam sie zur Welt, dort studierte sie Medizin, dort wird sie ihre Facharztweiterbildung zur Neurologin absolvieren. Derzeit baut die Wissenschaftlerin am Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung von Charité und Max Delbrück Center, die neue Arbeitsgruppe „Translationale Neuroimmunologie“ auf. 

„Mich interessiert, warum Neuronen absterben und wie wir das verhindern können“, sagt Frederike Oertel. Schon zu Beginn ihres Studiums war ihr klar, dass sie in die neurowissenschaftliche Forschung gehen will. Sehr bald konzentrierte sie sich auf entzündliche Erkrankungen des Nervensystems wie Multiple Sklerose (MS) und Erkrankungen des Neuromyelitis-optica-Spektrums (NMOSD), die ähnliche Symptome wie MS verursachen. Im Exzellenzcluster NeuroCure der Charité, an dem auch das Max Delbrück Center beteiligt ist, promovierte sie zur Bildgebung des visuellen Systems bei entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems.  

Danach war sie vier Jahre Postdoktorandin bei Dr. Ari Green an der University of California, San Francisco (UCSF), in einer der weltweit größten Forschungszentren für Neuroimmunologie. Frederike Oertel erforschte dort die Krankheitsmechanismen bei MS. Unter anderem konnte sie die Rolle bestimmter Immunzellen, der Mikroglia, mithilfe multimodaler Bildgebung des visuellen Systems im Mausmodell belegen. Während eines Krankheitsschubs können die Mikroglia in der Netzhaut zu verschiedenen Zeitpunkten sowohl toxisch-entzündlich als auch als schützend und anti-entzündlich wirken.

Ihr Ziel: neue MS-Therapien und Diagnostik

Frederike Oertel treibt um, wie sie den Abbau der Nervenzellen verhindern kann: „Ich möchte herausfinden, wie wir Neuronen von vornherein schützen oder sogar reparieren können – und nicht nur die Entzündung mit Medikamenten stoppen.“ Zudem möchte sie Methoden entwickeln, mit denen Ärztinnen und Ärzte entzündliche Erkrankungen des Nervensystems schneller diagnostizieren können. „Je schneller die Behandlung beginnt, desto weniger Neuronen werden geschädigt. Und von ihrer Anzahl hängt ab, wie gut wir funktionieren.“

Text: Jana Ehrhardt-Joswig