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Krebs bei Kindern Zelle für Zelle analysieren

Das Neuroblastom ist die dritthäufigste bösartige Krebserkrankung bei Kindern. Um Therapiechancen zu verbessern, untersuchen 16 Teams am Max Delbrück Center und weitere Berliner Forschende nun in einem neuen Sonderforschungsbereich, wie der Krebs entsteht und wächst. Die DFG fördert das Vorhaben mit rund 13,5 Millionen Euro.

Neuroblastome sind Tumore, die sich häufig im Bauchraum oder entlang der Wirbelsäule entwickeln. Sie entstehen, wenn bestimmte Zellen des Nervensystems sehr früh in der Körperentwicklung entarten – möglicherweise bereits vor der Geburt. Deshalb sind vor allem Kleinkinder bis zu einem Alter von sechs Jahren und manchmal sogar Neugeborene betroffen. Charakteristisch ist, dass Neuroblastome stark unterschiedliche klinische Verläufe zeigen: Manche bilden sich spontan zurück, andere wachsen sehr aggressiv. Die aggressiven Formen lassen sich zwar oft zunächst erfolgreich behandeln, kehren aber in vielen Fällen wieder zurück und streuen auch in andere Organe. Mehr als die Hälfte der Kinder mit einem Hochrisiko-Neuroblastom überleben ihre Erkrankung nicht.

Neuroblastomzellen (grün) in der Nebenniere. Zellkerne sind blau angefärbt.

Ziel des neuen Sonderforschungsbereiches „Entschlüsselung evolutionärer Mechanismen beim Neuroblastom“ ist es, für jede*n Patient*in abschätzen zu können, wie die Krankheit verlaufen wird und dann mit passgenauen Therapien die Rückkehr des Tumors zu verhindern. Dazu bündelt der Forschungsverbund unter der Leitung von Professorin Angelika Eggert von der Charité – Universitätsmedizin Berlin die Expertise von Wissenschaftler*innen des Max Delbrück Centers, des Experimental and Clinical Research Center (ECRC), des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), der Universität zu Köln, der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), der Eberhard Karls Universität Tübingen sowie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Vorhaben für knapp vier Jahre mit rund 13,5 Millionen Euro.

Am Max Delbrück Center sind Forschende aus 16 AGs aus den Bereichen der Tumor- und Systembiologie, der vaskulären Biologie, der Einzelzellanalyse und den Datenwissenschaften vertreten.

Neue Therapien entwickeln

Die Forschenden gehen davon aus, dass verschiedene Zelltypen im Gewebe eines jeden Neuroblastoms ihre Eigenschaften auf unterschiedliche Art und Weise verändern, wenn sie Krebsmedikamenten ausgesetzt sind oder sich in andere Körperbereiche bewegen. Um diesen ungewöhnlich komplexen Prozess der Tumorentwicklung im Detail zu untersuchen, plant der Forschungsverbund, Neuroblastom-Gewebe Zelle für Zelle umfassend zu analysieren.

Der Kinderonkologe Professor Anton Henssen vom ECRC, einer gemeinsamen Einrichtung der Charité und des Max Delbrück Centers, untersucht etwa kleine Erbgutringe, die in den Tumoren außerhalb der Chromosomen vorkommen. „Wir wollen herausfinden, ob und wie wir zirkuläre DNA für Therapien nutzen könnten“, sagt Henssen. Mit neuesten Methoden wollen die Forschenden katalogisieren, was in den Tumorzellen auf Ebene der DNA, RNA und den Proteinen passiert. Künstliche Intelligenz soll helfen, neue Angriffspunkte für gezielte Kombinationstherapien zu identifizieren.

 

Weiterführende Informationen

 

Beteiligte AGs am Max Delbrück Center