Retinagefäße

Präeklampsie: Was feine Äderchen verraten

Kaum eine Schwangerschaftserkrankung ist so folgenschwer wie eine Präeklampsie. Mit der Geburt ist die Gefahr für die Mutter nicht vorbei: Ihr Risiko für eine Herz-Kreislauferkrankung ist stark erhöht. Kristin Kräker vom Experimental and Clinical Research Center arbeitet an einem Frühwarnsystem.

Im vergangenen Jahr hatten etwa 54.000 Schwangere in Deutschland eine Präeklampsie. Das ist eine Erkrankung, bei der die werdende Mutter nach der 20. Schwangerschaftswoche plötzlich Bluthochdruck und Organschäden entwickelt, etwa an der Niere, der Leber oder dem Gehirn. Ist auch die Plazenta betroffen, erhält das ungeborene Kind nicht mehr mit genügend Nährstoffe und Sauerstoff. Wachstumsstörungen, Spätschäden sowie Fehl- oder Totgeburten sind möglich.

Award für den besten Vortrag

Dr. Kristin Kräker

In den meisten Fällen klingen die Symptome der Präeklampsie nach der Geburt wieder ab. Dennoch zeigen Studien, dass die Patientinnen ein bis um das Vierfache erhöhtes Risiko für spätere Herz-Kreislauferkrankungen haben. Warum das so ist, will Dr. Kristin Kräker aus der Arbeitsgruppe „Hypertonie-vermittelter Endorganschaden“ von Professor Dominik Müller und Professor Ralf Dechend und der Clinical Research Unit des Experimental and Clinical Research Center (ECRC) herausfinden. Das ECRC ist eine gemeinsame Einrichtung des Max Delbrück Center und der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Zudem möchte die Wissenschaftlerin diagnostische Methoden entwickeln und mögliche Biomarker bestimmen, mit denen frühzeitig erkannt werden kann, welche Frauen gefährdet sind.

Ihre Idee: Die feinen Äderchen der Netzhaut könnten Aufschluss über den Zustand der mütterlichen Blutgefäße nach der Geburt und damit über das Risiko einer späteren Herz-Kreislauferkrankung geben. Bei den diesjährigen Hypertension Scientific Sessions der American Heart Association (AHA) stellte sie diesen Ansatz vor und erhielt dafür den Paul Dudley White International Scholar Award. Mit der Auszeichnung ehrt die AHA das Autor*innenteam mit dem am höchsten bewerteten wissenschaftlichen Vortrag aus jedem teilnehmenden Land.

In einem vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) geförderten Projekt hat Dr. Kristin Kräker an genetisch veränderten Ratten untersucht, ob und wie sich die Blutgefäße am Ende der Schwangerschaft und nach der Geburt verändern. Gemeinsam mit dem Team der Technologie-Plattform Tierphänotypisierung des Max Delbrück Center hat sie dafür eine Methode entwickelt, mit der Gefäße bis zu einem Durchmesser von vier Mikrometern in verschiedenen Organen dargestellt werden können. Zum Vergleich: ein menschliches Haar ist etwa 50 bis 100 Mikrometer dick. So konnte sie als mögliche Ursache für das erhöhte Herz-Kreislauf-Risiko feststellen, dass nach einer präeklamptischen Schwangerschaft weniger kleine Gefäße vorhanden sind, die das Herz versorgen. In den Augen ehemals präeklamptischer Ratten wiederum nehmen diese Mikrogefäße zu.

Studienteilnehmerinnen gesucht

Um ihre Ergebnisse zu überprüfen, untersucht Kristin Kräker nun in der CARPE-Studie, ob eine Bildgebung der Blutgefäße an der Rückwand des Augapfels oder spezielle Marker für Gefäßsteifigkeit frühzeitig Hinweise auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko geben können.

Sie arbeitet dabei mit Professorin Jeanette Schulz-Menger, Leiterin der Hochschulambulanz für Kardiologie am Campus Buch der Charité, und Dr. Hanna Zimmermann, die am ECRC die Arbeitsgruppe „Interdisziplinäre Retinaforschung“ leitet, zusammen. Für diese Studie sucht sie noch Frauen nach einer präeklamptischen Schwangerschaft, aber auch gesunde Frauen für die Kontrollgruppe, die vor fünf bis zehn Jahren ihr erstes Kind auf die Welt gebracht haben. Neben einer Aufwandsentschädigung erhalten sie eine MRT-Aufnahme ihres Herzens, umfassende Informationen über Körperzusammensetzung, Blutdruck und Gefäßsteifigkeit sowie Auskunft über Sehschärfe und Zustand der Netzhautgefäße. Interessentinnen melden sich bitte unter: (030) 450 540 565 oder per Mail an carpe@charite.de

Text: Jana Ehrhardt-Joswig

 

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