Sanja Drakulic & Jean-Yves Tano

Startsignal für DEI in der Wissenschaft

Sanja Drakulic, Jean-Yves Tano und Michaela Herzig aus der Abteilung People & Culture waren die treibenden Kräfte hinter der ersten „Diversity, Equity and Inclusion Week“ am Max Delbrück Center. In unserem Interview sprechen Sanja und Jean-Yves über ihre Eindrücke und Erkenntnisse.

Was hat Euch zur ersten Woche der Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion inspiriert, die vom 13. bis 17. November am Max Delbrück Center stattfand?

Dr. Sanja Drakulic: Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion sind Begriffe, die uns hier am Max Delbrück Center nicht gänzlich neu sind. Wir hatten schon andere Projekte, LIBRA zum Beispiel hat sich mit Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft befasst. Aber es bleibt viel zu tun. Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion, kurz auch DEI, dürfen keine reinen Schlagworte sein, die nur in unseren Anträgen und Berichten gut klingen. Wir müssen diese Visionen mit Leben füllen. Wir wollen einen sicheren Raum schaffen, in dem sich jede*r gesehen, willkommen und geschätzt fühlt, in dem sich jede*r entfalten und wachsen und das volle Potenzial entfalten kann. Das ist nicht nur ein Ziel, sondern eine tägliche Aufgabe.

Ich bin vor mehr als zehn Jahren aus Kroatien nach Deutschland gekommen, um in der Biologie zu promovieren. Meine persönlichen Erfahrungen als Frau und besonders als internationale Forscherin haben mir die Herausforderungen verdeutlicht, vor denen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen stehen können. Das hat mich motiviert, solche Herausforderungen anzunehmen und zu einer inklusiveren und gerechteren Arbeitsumgebung beizutragen.

Wie profitiert die Forschung von Vielfalt und Inklusion?

Dr. Jean-Yves Tano: Wenn wir eine Vielfalt des Denkens und der Menschen ermöglichen, bekommen wir unterschiedliche Perspektiven und Ansätze. Wir werden innovativer, das ist in Studien immer wieder nachgewiesen worden. Teams können auf ein breiteres Portfolio von Fähigkeiten und größeres Fachwissen zurückgreifen. Ich denke, das Max Delbrück Center kann auf eine gute Basis aufbauen, denn wir arbeiten an vielen verschiedenen biomedizinischen Themen zusammen. Dennoch kann in Bezug auf unsere Forschungsgemeinschaft einiges weiter verbessert werden.

Das Max Delbrück Center ist eine deutsche Institution, und daher haben wir eine höhere Anzahl europäischer Mitarbeiter*innen. Zur DEI-Initiative gehört, unterrepräsentierte Dimensionen von Vielfalt sichtbarer zu machen und durch unsere Rekrutierungsprozesse deren Inklusion fördern. Außerdem hoffen wir, die kulturelle Kompetenz von allem Beschäftigen in den Laboren und in der Verwaltung zu erhöhen. All das würde zu mehr Inklusion und Respekt von und für alle führen.

Mit welchen Herausforderungen ist die Wissenschaft bei der Verwirklichung dieser Ziele konfrontiert?

Jean-Yves Tano: Ich möchte hier zwei wichtige Aspekte erwähnen. Während unserer Kickoff-Veranstaltung am 13. November hatten wir eine Rednerin, Dr. Roshni Mooneeram, und eine Doktorandin, Friederike Gutmann, die Einblicke in dieses Thema gaben. Friederike hat darüber gesprochen, dass alle, die am Zentrum arbeiten und Inklusivität fördern möchten, Verbündete brauchen, um diese Ideen voranzubringen.

Roshni erläuterte, dass es vier Ebenen von DEI in Unternehmen und Institutionen gibt. Die meisten bleiben auf der Ebene stecken, dass sie einfach die Vorschriften einhalten. Sie stellen nur sicher, dass alles getan wird, was von der Regierung oder von Geldgebenden verlangt wird. Roshni betonte jedoch, dass wir zu „führungsgeleiteter Initiativen“ kommen müssen. Die Umsetzung sollte vollständig in alle unsere Arbeitsprozesse und Vorhaben integriert sein: Jedes Mal, wenn wir neue Mitarbeiter*innen einstellen wollen, jedes Mal, wenn wir über neue Projekte nachdenken – alles, was wir tun, sollte auf den Grundsätzen der DEI beruht.

Welche Schlussfolgerungen zieht ihr aus der Woche, gab es Höhepunkte?

Sanja Drakulic: Es ist Schwung in die Sache gekommen. Wir alle haben gemeinsam Diskussionen angestoßen und viele wichtige Gespräche geführt. Mein Eindruck ist, dass sich während dieser Woche Türen geöffnet haben. Ein Höhepunkt war die großartige Zusammenarbeit zwischen den administrativen und wissenschaftlichen Teams. Die Podiumsdiskussionen definitiv auch. Mich hat beeindruckt, wie offen viele Menschen waren und von ihre persönlichen Erfahrungen erzählt haben.

Gab es Herausforderungen oder Chancen, die ihr nicht erwartet habt?

Jean-Yves Tano: Eine Herausforderung besteht darin, möglichst viele Gruppen zu erreichen und ins Gespräch zu kommen. Das Thema greift das Max Delbrück Center auf: Wie können wir sicherstellen, dass wichtige Botschaften von den meisten Menschen bemerkt werden und dass wir einen Dialog beginnen können.

Wie wollt ihr den Schwung der DEI-Woche für die kommenden Jahren nutzen?

Sanja Drakulic: Der nächste große Schritt in diesem Projekt ist eine Umfrage. Wir möchten herausfinden, welche Meinungen und Erfahrungen die Menschen in unserer Gemeinschaft haben. Nur so können wir feststellen, worauf es ankommt. Ohne konkrete Daten tasten wir uns im Dunkeln voran. Wir planen viele Aktivitäten und Maßnahmen, zum Beispiel Unterstützungsgruppen von Mitarbeiter*innen zu verschiedenen Themen sowie Schulungen. Das Max Delbrück Center wird auch eine*n DEI-Koordinator*in einstellen, der oder die sich vollständig auf dieses Thema konzentrieren wird.

Jean-Yves Tano: Wir möchten an unseren Prozessen zur Rekrutierung arbeiten. Denn die Idee des Projekts zielt ja eigentlich darauf ab, dass unser Forschungszentrum als aufgeschlossener, inklusiver und vielfältiger Arbeitspatz wahrgenommen wird. Daher möchten wir sicherstellen, dass unsere Prozesse unvoreingenommen funktionieren, und für all das werden wir in den kommenden Monaten sehr viel tun.

Gibt es noch etwas, das ihr erwähnen möchtet?

Jean-Yves Tano: Zum einen haben wir die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Die Initiative setzt sich für ein vielfältiges Denken und integrative Themen in Deutschland ein. Zum anderen wollen wir die Führungsebene stärker beteiligen – und damit ist jede Forschungsgruppen- oder Technologieplattformleitung und jede*r Abteilungsleiter*in gemeint. Ihre Unterstützung ist notwendig, damit das Projekt erfolgreich ist. Wie Roshni schon sagte, DEI muss von den Führungskräften getragen werden, sonst erreichen wir uns Ziel nicht. Wir brauchen alle unsere Führungskräfte an Bord.

Das Gespräch führte Nathaniel Sellman.

 

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